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11.10.2016

Leben bis zuletzt: Dem Tod einen Platz im Alltag geben

Seit 20 Jahren betreut das Diakonie-Hospiz Wannsee sterbende Menschen ambulant. Sein Jubiläum feierte das Hospiz am 4. Oktober als fröhliches Dankfest.

Das Theater-Ensemble freut sich im Anschluss an das Stück über den Applaus. (Im Bild ein Teil des Ensembles mit Angelika Behm, Geschäftsführerin des Diakonie-Hospizes Wannsee)

„Erst der Tod gibt dem Leben seinen Sinn. Und doch verdrängt und tabuisiert unsere Gesellschaft das Sterben“, sagte Pfarrer i.R. und Ehrenamtlicher Kurt Kreibohm in seiner Eröffnungsandacht zum 20-jährigen Bestehen des ambulanten Diakonie-Hospizes Wannsee. Gegründet 1996 gehört es zu den Pionieren der ambulanten Sterbebegleitung in Deutschland.

Das Hospiz will sterbenden Menschen einen Platz mitten im Alltag geben. Die ehrenamtlichen Begleiter betreuen Sterbende zu Hause, im Pflegeheim oder im Krankenhaus. Ihr Ideal: Leben bis zuletzt ermöglichen. Am 4. Oktober feierte das Hospiz sein Jubiläum mit einer Aufführung des Theaterstücks „Bertha, stirbt endlich!“ und zeigte damit, dass Trauer, Tod und Humor nahe beieinander liegen.

Ein Dankfest für die Ehrenamtlichen

„Wir feiern heute ein Dankfest“, sagte Geschäftsführerin Angelika Behm zu den rund 100 Gästen in der Kirche am Immanuel Krankenhaus. Ihr besonderer Dank galt den ehrenamtlichen Sterbebegleitern. „Ohne die Ehrenamtlichen gäbe es uns nicht“, betonte Behm. Ihre Arbeit sei genauso wichtig wie die medizinische Versorgung: „Wenn sie vorlesen, zuhören, mit den Sterbenden spazieren gehen oder einkaufen, holen sie den Tod in den Alltag zurück.“

Dabei werden die Ehrenamtlichen selber reich beschenkt: „Ich bekomme mehr, als ich geben kann. Ich bin dankbar, dass ich diese Arbeit machen darf“, sagte Klaus Muchow in seinem Grußwort. Er ist einer von 236 Ehrenamtlichen, die meisten von ihnen sind Frauen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als 1.200 kranke oder sterbende Menschen und ihre Angehörigen zu Hause betreut haben. Hinzu kommen weitere 50 Männer und Frauen, die für den Hospizdienst im Helios Klinikum Emil von Behring tätig sind und seit 2012 dort mehr als 600 Patienten begleiten konnten. Alle Ehrenamtlichen werden in einem 100-tägigen Kurs auf ihre Arbeit vorbereitet. Zurzeit läuft der 19. Vorbereitungskurs im Diakonie-Hospiz Wannsee.

Ein Vampir im Hospiz

Als Höhepunkt des Festabends führte die Senioren-Gruppe „Theater der Erfahrungen“ gemeinsamen mit einigen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden des Hospizes Schöneberg-Steglitz ein selbst entwickeltes Theaterstück auf. Die Rahmenhandlung: Ein Vampirclan trifft sich zu einer 750. Geburtstagsfeier und stößt mit einem besonders edlen Tropfen Blut mal wieder auf das unsterbliche Leben an. Doch während der immer gleichen Rituale und Gespräche der Feierlichkeiten kippt plötzlich Tante Bertha vom Stuhl. Sie hat den Pfarrerssohn gebissen, der als Kind ins Weihwasser gefallen ist. Bertha wird sterben.

Ihr Clan will sie schleunigst loswerden: „Hier kann sie nicht bleiben! Das ist schlecht für die Moral“, sind sich alle einig. Der Clan findet ein Hospiz, das bereit ist, einen Vampir aufzunehmen. „Wir sollen doch ein eigenes Profil entwickeln“, sagt eine Mitarbeiterin bei der Aufnahme. Hier wird Bertha gut versorgt nach 30 Jahren sterben.

Einblicke in den Hospizalltag auf der Bühne

Während sie auf den Tod wartet, erlebt der Zuschauer den Alltag eines Hospizes: Menschen, die mit dem Tod verhandeln wollen, um Zeit zu gewinnen. Angehörige, die viel zu selten zu Besuch kommen oder sich über die Kosten für das Hospiz beklagen. Sie sehen intensive Gespräche, Begegnungen und letzte Momente, gemeinsames Lachen, Weinen und Zuhören – kostbare Lebenszeit. „Macht etwas aus eurem Leben. Es muss nicht ewig sein, um einen Wert zu haben“, gibt die Hauptfigur ihrem Clan und den Zuschauern in ihrem Abschiedsbrief mit auf den Weg.

Das Stück macht deutlich: Dass sich die Gesellschaft öffentlich mit dem Tod auseinandersetzt und Sterbenden ermöglicht, sich auf ihrer letzten Wegstrecke geborgen und wohl zu fühlen, ist seit 20 Jahren Auftrag des Diakonie-Hospizes Wannsee. Mit Erfolg – viele der ehemaligen Ehrenamtlichen haben sich in ihrem eigenen Altern und Sterben „ihrem“ Hospiz anvertraut, damit sie Leben bis zuletzt erfahren.

 
 
 
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